La Rondine in Zürich

La Rondine

Commedia lirica in drei Akten von Giacomo Puccini (1858-1924). Text von Giuseppe Adami nach einem Librettoentwurf von Artur Maria Willner und Heinz Reichert, Schweizerische Erstaufführung.
Musikalische Leitung Marco Armiliato ; Inszenierung Christof Loy; Magda Ermonela Jaho; Lisette Sandra Hamaoui; Ruggero Benjamin Bernheim; Prunier Juan Francisco Gatell; Rambaldo Vladimir Stoyanov; Périchaud  Andrew Moore; Stanislav Vorobyov  (20 Sep); Steven Whiting (20 Sep); Gobin/un giovane/Adolfo Nathan Haller; Crébillon Stanislav Vorobyov; Yvette/ Georgette Yuliia Zasimova; Bianca / Gabriella Meeta Raval; Suzy/ Lolette Siena Licht Miller; Butler Valeriy Murga; Rabonnier Amin Ahangaran; Die Kellnerin Annabelle Kern; Der Kellner Yannick Bosc; Philharmonia Zürich; Chor der Oper Zürich

Giacomo Puccinis 1917, mitten im ersten Weltkrieg in Monte Carlo uraufgeführte «Commedia Lirica» La Rondine (Die Schwalbe) fristet bis heute ein Randdasein im Repertoire der Opernhäuser. Puccini verbindet in dieser Oper mit ihrer unglücklich endenden Liebesgeschichte eines ungleichen Paares, der ein von Giuseppe Adami zum Libretto umgearbeiteter Textentwurf von Artur Maria Willer und Heinz Reichert zugrunde liegt, sentimentale und leidenschaftliche Melodien und feurige Tanzrhythmen mit einem für Puccini ungewöhnlichen Konversationsstil. Und doch hört man bei diesem reich instrumentierten Werk immer wieder Anklänge an wesentlich bekanntere Opern Puccinis wie Madama Butterfly und La Boheme durch!

Das Opernhaus Zürich brachte zu Beginn der neuen Spielzeit und als schweizerische Erstaufführung (!) eine Neuproduktion dieses ungewöhnlichen Werkes heraus. Das Ergebnis darf als wahrlich interessant gelten!

La Rondine
La Rondine. Zürich. ©Monika Rittershaus.

Der am Opernhaus vielbeschäftigte Regisseur Christoph Loy hat für seine Inszenierung erneut auf seine bewährte Bildsprache zurückgegriffen. Bühnenbildner Etienne Pluss hat ihm dafür ein ästhetisches Einheitsbühnenbild geschaffen, das jedoch wandlungsfähig blieb und durchaus geschickt und atmosphärisch (Licht: Farbrice Kebour) die Spielorte – eine Wohnung in Paris, das Pariser Café Bullier und ein Hotelzimmer bei Nizza andeuten. Barbara Drohsins elegante Kostüme verlegten die Handlung aus der Belle Époque in die Fünfzigerjahre, wobei die Zeitverschiebung dem Werk in diesem Falle doch etwas von dem dekadenten Charme nahm, den diese Oper verströmt. Auch kennt man diese Kostümschnitte bereits aus anderen Inszenierungen dieses Regieteams. Loy inszeniert das Werk in diesem Rahmen geradlinig und wiederholt dabei, auch in der Personenführung, (zu) viele Details, aus seinen früheren Inszenierungen. Wir sehen Whisky trinkende und zeitungslesende Herren, Personengruppen kauern oft im Hintergrund wie eingefroren an den Wänden des Bühnenbilds. Dazwischen finden sich jedoch immer kleine Details, die sehr gelungen und berührend ausgestaltet sind, wie etwa die sehr klug und gefühlsbetonte gezeichnete Beziehung von Magda und Ruggiero. Die Inszenierung verleiht dem Werk jedoch eine gut passende, traumartige Atmosphäre, bei dem die Hauptprotagonistin Magda, nach ihrem Entschluß zur Trennung von Ruggiero, sich wieder in demselben Umfeld befindet, in dem die Oper begann.

La Rondine.
La Rondine. Zürich. ©Monika Rittershaus.
La Rondine.
La Rondine. Zürich. ©Monika Rittershaus.

Ermonela Jaho

Mit Ermonela Jaho steht in der Rolle der Magda eine ausgezeichnete Darstellerin zur Verfügung, die die Verletzlichkeit und Zerrissenheit dieses Charakters durchgehend berührend und mit überwältigender Bühnenpräsenz spielt. Stimmlich braucht die Sängerin jedoch im ersten Akt einige Minuten um sich aufzuwärmen, um dann mit ihrer voluminösen Mittellage und muskalischer Leidenschaft bereits in der Doretta-Ballade einen glaubhaften Charakter zu formen. Benjamin Bernheim verkörpert einen eher schüchtern angelegten Ruggiero, wobei sein warm timbrierter, lyrischer Tenor gut zu diesem verträumten und am Ende desillusionierten Charakter paßt. Juan Francisco Gatell gab einen von Beginn an stimmlich sehr präsenten, quirligen Musiker Prunier, dessen bestens fokussierter Tenor der Handlung in entscheidenden Momenten Antrieb gab. Sandra Hamaoui wußte mit glockenhellem Sopran in der Rolle des Dienstmädchens Lisette zu gefallen. In der Rolle des zwielichtigen «Sugar Daddy» Rambaldo gab es ein Wiedersehen mit Vladimir Stoyanov, der sich bestens bei Stimme präsentierte. Andrew Moore gefiel in der Rolle des Périchauds, ebenso wie Yuliia Zasimova als Yvette und Georgette, sowie Meeta Raval als Bianca und Gabriella, sowie Siena Licht Miller als Suzy und Lolette. Die übrigen Sänger rundeten das Sängerensemble mit ihrem engagierten Spiel und ihrer textverständlichen Interpretation auf höchstem Niveau ab.

La Rondine. Zürich. ©Monika Rittershaus.
La Rondine. Zürich. ©Monika Rittershaus.

Der von Ernst Raffelsberger einstudierte Chor konnte im zweiten Akt, mit seinen ein Wenig an das zweite Bild von La Bohème erinnernden Einsätzen, mit voller Klangpracht zeigen, wie sehr ihm die Interpretation dieses seltenen Puccini Werkes Freude bereitet. Am Pult der Philharmonia Zürich stand dieses Mal Marco Armiliato, der La Rondine bereits 2009 an der Metropolitan Opera in New York dirigiert hat. Er betonte bei seiner gefühlvollen Interpretation die Rolle der Streicher mit  warmem Einsatz und arbeitete die raffinierten Rhythmen von Puccinis Partitur, wie etwa das tänzerische Eröffnungsmotiv der Oper, meisterhaft heraus. Davon grenzte er die wehmütige Schlußszene der Oper mit der Trennung des Paares Magda/Ruggiero trefflich ab. Verdienterweise erhielt das ganze Ensemble großen Applaus, der beim Erscheinen von Ermonela Jaho und Benjamin Bernheim zu stehenden Ovationen umschlug.

Marco Aranowicz


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Marco Aranowicz

EDITOR-IN-CHIEF

MARCO ARANOWICZ IS BASED IN ZURICH. HE IS GOING TO THE OPERA SINCE THE AGE OF TEN, AND HE LIVES FOR THE GREAT ITALIAN OPERA REPERTORY.

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