GÖTTERDÄMMERUNG
Götterdämmerung ist der dritte Tag und letzte Teil des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner, dessen Tetralogie daneben noch die Werke Das Rheingold, Die Walküre und Siegfried umfasst. Götterdämmerung umfasst ein Vorspiel und drei Aufzüge. Sie gehört zu den längsten Opern, die je komponiert wurden. Die Uraufführung fand am 17. August 1876 im Bayreuther Festspielhaus unter der Leitung von Hans Richter statt.
Musikalische Leitung: Gianandrea Noseda
Inszenierung: Andreas Homoki
Ausstattung: Christian Schmidt
Siegfried: Klaus Florian Vogt
Gunther: Daniel Schmutzhard
Alberich: Christopher Purves
Hagen: David Leigh
Brünnhilde: Camilla Nylund
Gutrune: Lauren Fagan
Waltraute: Sarah Ferede
Erste Norn: Freya Apffelstaedt
Zweite Norn: Lena Sutor-Wernich
Dritte Norn: Giselle Allen
Woglinde: Uliana Alexiuk
Wellgunde: Niamh O`Sullivan
Floβhilde: Siena Licht Miller
Musik 5*****
Regie 4****
Götterdämmerung
Mit der Premiere von Götterdämmerung, dem dritten Tag und letzten Teil von Richard Wagners Bühnenfestspiel «Der Ring des Nibelungen» konnte das Opernhaus Zürich seine Neuinszenierung der monumentalen Tetralogie zu ihrem umjubelten Abschluss bringen.
Am Pult der mitreißend musizierenden Philharmonia Zürich stand auch dieses Mal Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda. Noseda entfesselte aus dem Orchestergraben vom ersten Akkord an, so etwas wie klangliche Urgewalten und erzeugte so einen Spannungsbogen, der bis zum Schluss aufrechterhalten werden konnte und der einem schier den Atem stocken ließ. Aus dem gleichzeitig transparent gehaltenen Klangbild, präsentierte er auf mitreißende Weise Wagners Leitmotivgeflecht, das in der Götterdämmerung sein Maximum an musikalischer Komplexität erreicht. Es war phantastisch zu erleben, wie klar die Streicher ihren virtuosen Part spielten, während Holz- und Blechbläser mit ihren schneidenden Akkorden hier immer wieder hierzu bewusste Kontrapunkte setzten. Das wurde besonders im beeindruckend musizierten Trauermarsch nach Siegfrieds Tod deutlich, in dem wie aus einer anderen Welt das zarte Liebes-Leitmotiv der inzestuösen Zwillinige Siegmund und Sieglinde wieder aufleuchtete. Auch der von Ernst Raffelsberger einstudierte Chor der Mannen, fügte sich nahtlos in Nosedas mittreisende Interpretation ein und führte auf eindrückliche Weise die von Hagen manipulierten Soldaten musikalisch vor Augen.
Nach dem «Jung-Siegfried» gab nun Klaus-Florian Vogt auch sein Rollendebüt als «Götterdämmerung-Siegfried». Erneut beeindruckte er dabei mit seinem hellen, jedoch außergewöhnlich klaren Timbre, der ausgezeichneten Intonation und strahlenden Höhen. Gleichzeitig hat die Stimme deutlich an Fundament gewonnen, um auch in dieser Rolle, vollauf zu überzeugen. Da verkörperte er glaubhaft die Entwickelung zum strahlenden Helden, der immer tiefer in Hagens Intrigen verstrickt wird, bis hin zu einer nachdenklich und introvertiert vorgetragenen Waldvogelerzählung im dritten Aufzug, sowie einen mit schier unglaublichen Stimmreserven dargebotenen «Brünnhilde! Heilige Braut» seine Interpretation abrundete. Mit strahlender Höhe, sicher fließendem Atem und sich mühelos über die gigantischen Orchesterfluten hinwegsetzenden Sopran, bewies Camilla Nylund als Brünnhilde (lesen Sie hier unser Interview mit ihr), dass Sie nun endgültig im hochdramatischen Fach angekommen ist. Wie ihre Brünnhilde vor leidenschaftlicher Liebe glühte, den Gefühlen einer zutiefst gedemütigten und verratenen Frau ihren Gefühlen freien Lauf ließ und im Finale des zweiten Aufzugs Rache schwor, hatte ganz grosse Klasse. Diese wunderbare Interpretation wurde durch einen mit größter Trauer und Leidenschaft vorgetragenen Schlussgesang abgerundet, bei dem es ihr gelang, am Ende des fünfeinhalb-stündigen Abends, Wagners Werk in die Belcanto-Tradition des 19. Jahrhunderts zurück zu führen.
Mit bester Textverständlichkeit und grosser Bühnenpräsenz gestaltete Christopher Purves die geisterhaft geratene Szene, in der der Nibelunge Alberich, seinem finsteren Sohn Hagen erscheint, um ihn an seine Lebens-Mission, den Ring zurück zu gewinnen, zu ermahnen. Dieser befand sich bei dem hageren, düster kostümierten David Leigh musikalisch und darstellerisch in besten Händen, wobei sein markanter schwarzer Bass, beim zusammenrufen der Mannen durch Mark und Bein ging. Insgesamt zeichnete er ein beeindruckendes Rollenportrait dieses grimmigen und sein Umfeld auf grausame Weise manipulierenden Charakters. Daniel Schmutzhard sang einen schön-stimmigen und szenisch präsenten König Gunther, dessen Ambivalenz gegenüber Hagens Mordplänen an Siegfried deutlich in seinem Spiel zur Geltung kam. Lauren Fagan gab mit klarem Sopran und herrlich affektiertem Spiel eine glaubwürdige Gutrune. Mit mächtigem, dramatischen, jedoch auch warmem Mezzosopran verlieh Sarah Ferede der warnenden Walküre Waltraute zutiefst berührende Züge, wobei es ihr gelang, mit ihrer Erzählung, die Einzigartigkeit dieser Szene zu betonen, welche ihr im Gesamtgefüge des ganzen Ring-Zyklus zukommt. Uliana Alexiuk, Niamh O`Sullivan und Siena Licht-Miller sangen ein anmutiges Rheintöchter-Trio, dass sich seit seinem letzten Auftritt im Rheingold charakterlich nur wenig weiterentwickelt zu haben schien. Freya Apffelstaed, Lena Sutor-Wernich und Giselle Allen präsentierten sich als unheilverkündende Nornen mit dunkel-timbrierten, vibrato-reichen Stimmen.
Andreas Homoki setzt auch in diesem letzten Teil der Tetralogie den gemeinsam mit Ausstatter Christian Schmidt begonnenen Weg der drei vorhergehenden Ring-Teile fort. Erneut begegnet das Publikum dem sich drehenden «Erzähl-Zimmer» aus der Entstehungszeit der Oper. Die Wände weisen dieses Mal Patina auf, der Putz bröckelt, es herrscht von Beginn an eine morbide Grundstimmung. Szenen aus den anderen Ring-Opern, wie der Walkürenfelsen, die verkohlte Weltesche, das Bett als symbolischer Ort der Rheintöchter und die goldene, herrschaftliche Tafel, der Götterburg Walhall begegnen uns auch dieses Mal, zum Teil als Rückblende, erneut. So entstehen reale und imaginierte Orte, wie der Hof der Gibichungen, die gespenstische Szene zwischen Alberich und Hagen, sowie Siegfrieds bestens gelöste Begegnung mit den Rheintöchtern. Viele schön ausgearbeitete Details der Regie, wie ein Wotan-Statist, der als gebrechlicher und gebrochener Mann dem finalen, hier spektakulär aus verschiedenen Perspektiven inszenierten, Weltenbrand zusieht, tragen dabei viel zum tieferen Verständnis der komplexen Handlung bei und lassen mit den mythologischen Figuren mitfühlen. Und so endete die dritte Götterdämmerung-Vorstellung nach der Premiere, an diesem düsteren und verregneten Herbsttag, mit einer grandios musizierten, hoffnungsvoll stimmenden Des-Dur-Schlussmusik, zu einer langsam rotierenden, nun leeren, Drehbühne (“Die Mühlen der Zeit”), die nach mehr als 16 Stunden szenischer Grausamkeit, ihren Weg in ein neues, vielleicht friedliches Zeitalter zu finden schien. Diese bewegende Schluss-Stimmung sprang auch auf das Publikum über, das die phänomenalen Interpretinnen und Interpreten mit stehenden Ovationen feierte.
Auch wenn es seine kleinen Fan-Boys nicht wahr haben wollen: Voigt war nie ein Wagnersänger und wird nie einer werden. Sein unattraktiver, pueriler „Tenor“ kann noch so oft als Wagner-Stimme verkauft werden, er wird echte Wagnerianer, die noch echte Wagner-Stimmen erlebt haben, nie überzeugen. Zum Homoki-Müll passt er allerdings. Der wird ja auch als Regisseur verkauft, obwohl er keiner ist.