Il Trovatore. „Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die Rückkehr von Publikumsliebling Elena Moşuc ans Opernhaus Zürich, die sich nach längerer Abwesenheit sich dem Züricher Publikum erstmals in der dramatischen Partie der Leonora vorstellte.“
Il trovatore. Dramma lirico in vier Teilen von Giuseppe Verdi (1813-1901). Libretto von Salvatore Cammarano, fertiggestellt von Leone Emanuele Bardare, nach «El trovador» von Antonio García Gutiérrez.
IL TROVATORE
Musikalische Leitung: Paolo Carignani; Inszenierung: Adele Thomas; Il Conte di Luna: Artur Ruciński; Leonora: Elena Moşuc; Azucena: Yulia Matochkina; Manrico: Stefano La Colla; Ferrando: Robert Pomakov; Ines: Bożena Bujnicka, Ruiz: Saveliy Andreev; Un vecchio zingaro: Jeremy Bowes; Un messo: Maximilian Lawrie; Philharmonia Zürich; Chor der Oper Zürich
Musik: 5*****
Inszenierung: 5*****
Auch bei ihrer Wiederaufnahme ist die Inszenierung von Giuseppe Verdis Oper Il Trovatore am Opernhaus Zürich aus dem vergangenen Herbst durch Regisseurin Adele Thomas weiterhin sehr gelungen. In der sparsamen Bühnen-Ausstattung mit ihrer bühnenfüllenden Treppe und den fantasievollen mittelalterlichen, jedoch zum Teil grotesk überzeichneten Kostümen, entworfen von Annemarie Woods, entfaltet sich die grausame Opernhandlung um entführte und vertauschte Kinder, einer als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannten «Zigeunerin», der über allem stehenden Rache durch deren Tochter Azucena, Liebe, Hass und Eifersucht auf mitreissende Weise. Die leicht augenzwinkernde Regie, nimmt dabei die verworrene Geschichte nicht allzu ernst, was dem blutrünstigen Werk wahrlich gut bekommt. Dazu tragen auch die fulminant agierenden Tänzer (Choreografie: Emma Woods) bei, die die Protagonisten auf ihrem Weg in den Abgrund begleiten. Das koproduzierende Royal Opera House Covent Garden, wohin die Inszenierung kommenden Sommer übernommen wird, kann sich wahrlich über den Einkauf aus Zürich freuen!
Dass bei dieser Wiederaufnahme die Emotionen heissblütig musikalisch brannten, lag dabei vor allem an der gegenüber dem Vorjahr fast komplett neuen Besetzung, welche die extrem anspruchsvollen Gesangspartien auf leidenschaftliche Weise zu ihrem Bühnenleben erweckten. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die Rückkehr von Publikumsliebling Elena Moşuc ans Opernhaus Zürich, die sich nach längerer Abwesenheit sich dem Züricher Publikum erstmals in der dramatischen Partie der Leonora vorstellte. Moşucs Stimme, deren bisheriger stimmlicher Schwerpunkt bisher die grossen Heroinen des Belcanto-Repertoires waren, hat sich stimmlich mittlerweile deutlich in Richtung Verdi-Repertoire weiterentwickelt. Sie besitzt nun das für die Leonora erforderliche Volumen. Man hörte ihr jedoch ihre Herkunft aus dem Belcanto-Repertoire immer noch an, wobei die sichere Höhe und die virtuose Koloraturfähigkeit vollständig erhalten geblieben sind, was ihr in der Cabaletta des ersten Aktes «Di tale amor, che dirsi» deutlich zugutekam. Auch ihre zweite Arie, dem von Verdi als ausgedehnte Szene angelegtem «D`amor sull`ali rosee», gelang es Elena Moşuc auf faszinierende Weise mit ihrer ausgezeichneten italienischen Technik und gross angelegten Atembögen, diese zu einer Sternstunde des Verdi-Gesanges auszugestalten. Ihre wunderbare Interpretation wurde durch eine dramatisch zugespitzte Sterbensszene abgerundet.
In der Titelrolle des Troubadours Manrico war auch Stefano La Colla neu am Opernhaus zu hören. Dieser besitzt einen weichen und sicher geführten Spinto-Tenor mit schönem Vibrato und singt einen Manrico voller Strahlkraft. So gelang es ihm, in der berühmten Cabaletta «Di quella pira» kräftig aufzutrumpfen. Gleichzeitig kamen aber auch die lyrischen und sensiblen Passagen des Manrico bestens zur Geltung.
Einen äusserst kultivierten, eleganten und technisch bestens geführten Bariton besass Artur Ruciński als Conte di Luna. Es gelang ihm, diesem Bühnenschurken in der prächtig gesungenen Arie “Il balen del suo sorriso” äußerst menschliche Züge zu verleihen. Yulia Matochkina konnte in der Rolle der Azucena mit stimmlichen Volleinsatz die Zerrissenheit dieser Figur zwischen Mutterliebe und Rachedurst bestens herausarbeiten. Ihr dramatischer Mezzosopran mit satter dunkler Tongebung überzeugte in der berührend gesungenen Arie “Stride la vampa”, den beiden Duetten mit ihrem Ziehsohn Manrico und dem voller Verzweiflung über ihre Gefangennahme dargebotenen “Deh! rallentate o barbari”. Aus der Besetzung des Vorjahres war einzig Robert Pomakov als Ferrando übriggeblieben. Im imposanten Kostüm, dessen Schuhe ihn aus Ausgeburt der Hölle identifizierten, sowie seinem fast zu schön geführten Bass, sorgte er in seiner Arie “Abbietta zingara, fosca vegliarda” mit ihrem tänzelnden Rhythmus für den nötigen Gruseleffekt. Der von Janko Kastelic einstudierte Chor zeigte erneut größte Spielfreude und vokale Präsenz. Da war es einmal mehr eine Freude, das berühmte, von Ambossen begleitete “Vedi! Le fosche notturne spoglie”, mitanzuhören.
Welch ein Unterschied zu den fahlen, bedrückenden Klängen des «Miserere» aus dem Off im vierten Akt! Paolo Carignani hatte in diesem Jahr die musikalische Leitung von Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda übernommen. Er erwies sich einmal mehr als erstklassiger Verdi-Dirigent. Er befeuerte die transparent klingende Philharmonia Zürich zu einer temperamentvollen und leidenschaftlichen Interpretation von Verdis Meisterwerk, welche die ganz grossen Effekte nicht scheute. Da kamen die zahlreichen berühmten Melodien und anspruchsvollen Rhythmen der Oper bestens zur Geltung, da leuchteten die Klangfarben der Holz- und Blechbläser – wie beim Einsatz der Trompeten während der Stretta, da sorgten die schneidenden Schlussakkorde der Oper für die musikalische Ausgestaltung der eingetretenen Katastrophe: Graf Luna hat aus blindem Hass und Eifersucht seinen verschollenen Bruder hinrichten lassen. Ein wirklich schauderhaftes Ende, welches jedoch der Laune des Züricher Publikums keinen Abbruch tat und allen Beteiligten heftigen Applaus spendete.
Wie Sie am Anfang beschreiben, eine weitere grausame Geschicht aus
einer vergangenen Zeit.
Was das gute Publikum, wie es sich gehört mit dem eigenen Mann oder
der eigene Frau schaudern lässt.
Aber die Musik ist bezauberend und das entschädigt für alles.
Ich bedanke mich wieder, Herr Aranowics,