Lakmé in Zürich mit Traumbesetzung

Lakmé

Oper in drei Akten von  Léo Delibes (1836-1891). Libretto von Edmond Gondinet und Philippe Gille nach dem Roman Rarahu ou Le Mariage de Loti von Pierre Loti. Konzertante Aufführung.
Musikalische Leitung Alexander Joel, Szenische Einrichtung Natascha Ursuliak, Choreinstudierung Janko Kastelic, Gérald, englischer Offizier Edgardo Rocha, Frédéric, englischer Offizier Björn Bürger, Nilakantha, Brahmanenpriester Philippe Sly, Lakmé, seine Tochter Sabine Devieilhe, Mallika, deren Begleiterin Siena Licht Miller Hadji, Diener Nilakanthas, Saveliy Andreev Ellen, Geralds Verlobte Sandra Hamaoui, Rose, ihre Cousine Bożena Bujnicka, Mistress Benson, deren Erzieherin Irène Friedli

5*****

Léo Delibes 1883 an der Opéra-Comique in Paris erstmals gezeigte Oper Lakmé konnte sich trotz des weltberühmten und äußerst populären «Blumenduetts» und der bezüglich ihrer hochvirtuosen und anspruchsvollen Koloraturen sog. «Glöckchen-Arie» und nach anfänglichem großen Erfolgen, heute nur noch einen Randplatz im Repertoire der Opernhäuser sichern. Entspricht das Werk doch mit seiner Verortung im damals als exotisch wahrgenommenen Indien während der britischen Kolonialzeit, einem fanatischen Hindu-Priester auf der einen Seite und rassistisch agierenden Briten auf der anderen Seite, sowie der tragisch endenden Liebesgeschichte zwischen der Priestertochter Lakmé und dem britischen Offizier Gerald ganz dem Geschmack des Orientalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Und so stellt sich Delibes farbenreiche Partitur, voller orientalisch anmutender Anklänge, Motive und Klangfarben ganz in die Tradition von Werken wie Verdis Aida oder Bizets Les  pêcheurs de perles, ohne jedoch im Detail die berührende Wucht dieser beiden Opern erreichen zu können.

Lakmé

Dennoch kann man es dem Opernhaus Zürich nicht hoch genug anrechnen, nicht zuletzt auf Grund der durchweg exzellenten zur Verfügung stehenden Besetzung, dieses dem Züricher Publikum weitgehend unbekannte Werk für drei konzertante Vorstellungen vorzustellen.

Die prächtig und mit satten Farben aufwartende Philharmonia Zürich hatte das unbekannte Werk unter der zupackenden Leitung von Alexander Joel bestens geprobt und bewies grosse Spielfreude, Liebe zum Detail und Sängerfreundlichkeit. In der Titelrolle als stand bei den Sängern Sabine Devieilhe im Fokus, die bereits vor einigen Jahren als Marie in den konzertanten Aufführungen von La Fille du Régiment grosse Erfolge gefeiert hatte. Auch dieses Mal begeisterte die sympathische Sängerin durch ihr natürliches, auch im konzertanten Setting anrührendes Spiel, sowie mit ihrer klaren, im wahrsten Sinne des Wortes glockenhellen Sopranstimme, die im intimen Ambiente des Opernhauses bestens zur Geltung kam. Da verschmolzen in jenem berühmten sog. Blumenduett zu Beginn der Oper «Viens, Mallika…Sur le ruisseau sacré» gemeinsam mit dem betörenden farbenreichen Mezzosopran von Siena Licht Miller als Mallika zwei außerordentliche Stimmen zu einer verführerischen Einheit. In der heftig von Publikum bejubelten sog. Glöckchen-Arie des zweiten Aktes «Où va la jeune Hindoue?» mit ihrer Glockenspiel-Begleitung gelang es Devieilhe auf faszinierende Weise virtuose Läufe, Spitzentöne und Tonsprünge mit einer Leichtigkeit zu singen, die einem schlicht des Atems beraubte.

Lakmé

Fast unfassbar, dass Lakmé in dieser Szene durch ihren Vater gezwungen wird, diese Arie zu singen, um ihren Geliebten Gerald anzulocken, um auf diesen einen Anschlag zu verüben. Diese Partie des Gerald war mit dem überwiegend im Belcanto-Repertoire eingesetzten Edgardo Rocha bestens besetzt. Mit seinem lyrischen höhensicheren Tenor und seinem charakteristischen Timbre, zeichnete er ein zutiefst berührendes Portrait des britischen Offiziers. Als dessen Freund und Begleiter Frédéric trumpfte Björn Bürger mit markantem Bariton ausladend auf, während Philip Sly als Priester Nilakantha den hasserfüllten und sorgevollen Vater stimmlich und darstellerisch und die Tradition der Figur des Rigolettos setzte. Savelyi Andreev verkörperte einen einfühlsamen Diener Hadji. Durchweg ausgezeichnet sangen Sandra Hamaoui die Ellen, Geralds Verlobte, Bozena Bujnicka deren Cousine Rose, sowie Opernhaus-Urgestein Irène Friedli, als deren Erzieherin Mistress Benson, wobei diese auch in der konzertanten Aufführung durch ihre Bühnenpräsenz bestach. Ausgezeichnet rhythmisch ausbalanciert gesungen war das Quintett des ersten Aktes gelungen, welches durchaus Anklänge an das Schmuggler-Quintett in Bizets Carmen durchschimmern ließ. Vokale Klangpracht wies auch der von Janko Kastelic einstudierte Chor auf, wobei sowohl die Gebete des erstens Aktes als auch das muntere Treiben auf dem Marktplatz musikalisch bestens zur Geltung kamen.

Lakmé

Homoki verteilte Blumensträuße

Das Publikum hatte bereits während der Aufführung immer wieder begeisterten Applaus gespendet und bejubelte am Ende das ganze Ensemble mit stehenden Ovationen. Intendant Andreas Homoki ließ es sich dabei am Ende nicht nehmen, den Sängern mit der Verteilung von Blumensträußen persönlich die Ehre zu erweisen. Ein unvergesslicher Opernabend!

  Marco Aranowicz

5 1 vote
Article Rating
Marco Aranowicz

EDITOR-IN-CHIEF

MARCO ARANOWICZ IS BASED IN ZURICH. HE IS GOING TO THE OPERA SINCE THE AGE OF TEN, AND HE LIVES FOR THE GREAT ITALIAN OPERA REPERTORY.

No Older Articles
No Newer Articles
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments