La Cenerentola von Gioachino Rossini. Dramma giocoso in zwei Akten. 1817. Libretto von Jacopo Ferretti, nach dem Märchen von Charles Perrault und anderen Libretti zum gleichen Thema.
Uraufführung im Teatro Valle, Rom, am 25. Januar 1817.
Besuchte Vorstellung 10. Dezember 2021
Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky; Don Ramiro: Francisco Brito; Dandini: Carl Rumstadt; Don Magnifico: Martin Tzonev; Tisbe: Charlotte Quadt; Clorinda: Marie Heeschen; Angelina: Andrea Niño; Alidoro: Lisandro Abadie; Hammerflügel: Elia Tagliavia; Chor Herren des Chores des Theater Bonn; Statisterie Statisterie des Theater Bonn; Orchester: Beethoven Orchester Bonn; Inszenierung: Leo Muscato
Musik: ****4****
Regie: ****4****
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Vier Englein um mich stehen…
La Cenerentola – das Aschenputtel, jene merkwürdige Mischung aus Opera buffa, Opera semiseria und Opera seria, die Gioachino Rossini (1792 – 1862) innerhalb von 24 Tagen komponiert hat, erlebte in Bonn am 7. November 2021 eine Neuinszenierung.
Andrea Niño und Francisco Brito sind nicht nur ein betörend singendes Liebespaar, sie entspringen auch optisch dem Märchenbuch. Niños Canzone „Una volta c’era un re“ ist so anrührend schön gesungen, dass man diesem Aschenputtel direkt die Krone aufsetzen möchte. Das empfindet der Prinz von Salerno genauso. Britos Tenorschwüre lassen keinen Zweifel daran, dass er hoffnungslos verliebt ist. Gleich das erste Duett „Un soave non so che“ offenbart, wie prächtig die beiden Sänger harmonieren.
Doch bis zum „und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute“ ist es ein weiter Weg: Auf Rat seines gütigen und philosophisch geschulten Lehrers Alidoro – Lisandro Abadie singt und spielt ihn angenehm zurückhaltend – tauscht der Prinz die Kleidung mit seinem Diener Dandini. Und damit sind wir mittendrin in der Commedia dell’arte: Carl Rumstadt hat hör- und sichtbar Freude an der Maskerade. Mit beweglichem Bariton taumelt er virtuos durch die Komplikationen, die so ein Rollentausch mit sich bringt. Die nehmen natürlich noch zusätzlich an Fahrt auf, als sich Aschenputtels Stiefschwestern Tisbe und Clorinda auf ihn stürzen. Angefeuert von ihrem skrupellosen Vater Magnificio ist das Trio infernale komplett.
Ensemblemitglied Martin Tzonev hatte den Magnificio für die unselige Produktion aus dem Jahre 2002 in von seinen Töchtern betatschten Unterhosen singen müssen und Professionalität bewiesen. Erfreulich, dass ihm und uns derartiges in der aktuellen Neuinszenierung erspart bleibt. Tzonev macht aus dem Magnificio eine Paraderolle und lebt sein komödiantisches Talent voll aus. Charlotte Quadt und Marie Heeschen stehen ihm in Bühnenpräsenz und Stimme in Nichts nach. Man freut sich den ganzen Abend auf die Reaktion der beiden Grazien, wenn ihnen endlich enthüllt wird, dass sie den Prinzen verachtet und den Diener angeschmachtet haben. Und man wird nicht enttäuscht: Das hier eingefügte Katzenduett Rossinis gelingt den beiden mit Elia Tagliavia am Hammerflügel vortrefflich! Der Katzenjammer mutet umso treffender an, als dass in Rossinis Oper nur drei Frauenstimmen präsent sind. Es ist eine von Männern dominierte Klangwelt. Mit einem schmetternden Herrenchor, der unter der Leitung von Marco Medved bestens einstudiert ist.
Rubén Dubrovsky leitet das Beethoven Orchester sowohl in den Solo- als auch in den Ensembleszenen und Duetten ausgesprochen konzentriert, schlägt Funken aus der Partitur und wird entsprechend nach dem furios dirigierten Gewitter mit Applaus bedacht. Musikalisch fügt sich alles ganz vortrefflich in dieser Neuinszenierung an der Bonner Oper. Freilich, wer romantischen Klangzauber à la Humperdinck, Dvorak oder eventuell sogar Karel Svoboda erwartet, dürfte enttäuscht sein. Dementsprechend herrschte im Parkett unter den zahlreichen Jugendlichen oft Unruhe. Ist es Erziehungsberechtigten wirklich nicht möglich ihren Nachwuchs anzuhalten, das Handy auszuschalten und mal zu schweigen? Zumal Regisseur Leo Muscato mit Bühnenbildner Andrea Belli und Kostümgestalterin Margherita Baldoni viel Märchenzauber bietet. Magie und Phantastik, den das Libretto von Jacopo Ferretti so gar nicht hergibt bzw. sogar kategorisch verneint.
Verrückte Inszenierungsrealität: In der zeitgleichen Bonner Neuproduktion von Hänsel und Gretel sind die Engel gestrichen, hier werden sie als Strippenzieher dazu erfunden. Eine durchaus begrüßenswerte Dreingabe, die zugleich mit sanftem Humor die undramatische Partitur optisch auflockert. Selbst das bei Rossini obligatorische Gewitter wird von ihnen mittels Donnerblech, Wind- und Regentrommel erzeugt und zeigt einmal mehr, dass alles nicht so schlimm ist, als dass es nicht gut ausgehen könnte. Als die Engelchen zum Finale freudestrahlend bereits auf den zwei goldenen Thronen sitzen, da ist auch klar, dass Aschenputtel tugendhaft seiner asozialen Stieffamilie nicht nur verzeihen, sondern sogar für deren Wohlergehen sorgen wird.
Es muss ja nicht gerade ein Bad im Eistümpel sein, wie im tschechischen Märchenklassiker Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, aber irgendwie wünschte man sich doch, dass Magnificio, Clorinda und Tisbe zum Finale eine gewisse Abreibung erfahren. Zumal die drei in dieser Inszenierung wirklich komplett bösartig daherkommen. Der Stiefvater schreckt noch nicht mal vor körperlicher Gewalt gegenüber Aschenputtel zurück, das er sogar um sein Erbteil geprellt hat. Doch mehr als unruhige Flatterbewegungen in Form von Augen verdrehen oder mit dem Fuß aufstampfen ist Aschenputtel in diesem Stück einfach nicht gestattet. Rossini und seinem Librettisten ging es um Tugendhaftigkeit, die heute leider so völlig aus der Mode gekommen ist.
Es ist dem Inszenierungsteam hoch anzurechnen, dass es nicht der modischen Versuchung unterlag aus dem Aschenputtel eine emanzipierte Heldin zu machen sondern es genauso gütig und sanft zeichnet, wie es gedacht war. Zuletzt hatte das nur Walt Disney in seinem Klassiker von 1950 so gewagt. Das ist aber auch die einzige Parallele zu dem Animationsfilm.
Kenneth Branagh
Bühnenbild und Kostüme orientieren sich sichtlich an der Cinderella-Neuverfilmung von Kenneth Branagh aus dem Jahre 2015. Also keine eleganten Blautöne wie 1950, die in der Tat auch besser zu Massenets Cendrillon passen würden, sondern teilweise recht schrille Farb- und Beleuchtungsorgien: Da steht eine im Halbrund geschwungene Barocktreppe auf der Drehbühne, umgeben von mit exotischen Malereien geschmückten Wänden. Je nach Drehung sieht man den naturalistisch flackernden und ein wenig zu viel rauchenden Kamin, einen Weinkeller oder den Festsaal im Schloss. Das ist alles sehr praktikabel und stimmig, garantiert den leichten Fluss der Handlung.
Die Kostüme sind vom Schnitt her dem endenden 18. Jahrhundert nachempfunden. Die Stoffwahl ist dagegen – wie bei Branagh – poppig und schreckt auch vor einem Dalmatinermuster nicht zurück. Dass sich alles zu einer Einheit fügt beweist das Fingerspitzengefühl des inszenatorischen Trios. Man merkt jeden Augenblick, wie viel Freude ihm diese Produktion bereitet hat. Möge es noch oft zu Gast in Bonn sein. Das Publikum nimmt die Produktion jedenfalls begeistert auf – im Gegensatz zum oben bereits erwähnten Hänsel und Gretel. Sogar die Teenager jubelten begeistert beim Schlussapplaus und bestätigten im Foyer, wie schön es gewesen sei.