Francesca da Rimini – Sinnbild der Liebe.

Francesca da Rimini. Mit Riccardo Zandonais FRANCESCA DA RIMINI setzt Christof Loy seine Auseinandersetzung mit wenig bekannten Werken des beginnenden 20. Jahrhunderts an der Deutschen Oper Berlin fort. Francesca da Rimini, unter musikalischer Leitung von Carlo Rizzi und mit Sara Jakubiak in der Titelpartie, steht on Demand zur Verfügung auf takt1.de (gebührenpflichtig).

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Riccardo Zandonai: Francesca da Rimini. Tragedia in vier Akten und fünf Bildern. Libretto von Tito Ricordi nach Gabriele D’Annunzios gleichnamiger Verstragödie. Uraufführung am 19. Februar 1914 im Teatro Regio in Turin. Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 14. März 2021.

Mit: Sara Jakubiak (Francesca), Alexandra Hutton (Samaritana), Samuel Dale Johnson (Ostasio), Ivan Inverardi (Giovanni), Jonathan Tetelman (Paolo), Charles Workman (Malatestino), Amira Elmadfa (Smaragdi), Patrick Cook (Il Balestriere), Thomas Lehman (Il Torrigiano),  Christof Loy (Regie) u. a.

Muziek: *4*
Regie:  *3*

Unsterblich wurde sie endgültig 1880, als der französische Bildhauer Auguste Rodin sie zunächst als 85 cm hohe Bronzeskulptur für den Eingang des neuen Pariser Kunstgewerbemuseums schuf. Dargestellt ist eine Szene aus dem 5. Gesang Dante Alighieris Göttlicher Komödie, in der sich Francesca da Rimini und Paolo Malatesta, der Bruder ihres Ehemannes Giovanni, küssen. Bis heute gilt die Skulptur unter dem Namen Le Baiser als die künstlerische Darstellung des Themas „Liebe“.

 

Die Familien Polenta und Malatesta

 Die um 1255 in Ravenna geborene Adelige Francesca war die Tochter des Herrn von Ravenna. Ihre Geschichte beginnt mit einer Täuschung und endet mit Rache und Tod. Die beiden Familien Polenta und Malatesta waren damals die bedeutendsten Geschlechter der Romagna. Sie schlossen ein Bündnis, das durch eine dynastische Heirat besiegelt werden sollte. Guido da Polenta verheiratete um 1275 seine Tochter Francesca mit Giovanni, dem ältesten Sohn von Malatesta da Verucchio.

Der schönere jüngere Bruder Paolo legte ihr zuvor den Ehevertrag vor, doch nicht mit sich, sondern für seinen alten Bruder. Paolo und Francesca verlieben sich, können und wollen nicht voneinander lassen, werden vom dritten Bruder verraten, daraufhin vom Ehemann auf frischer Tat ertappt und ermordet.

Die Deutsche Oper Berlin nennt das selten aufgeführte Drama in vier Akten, für dessen Erwerb Tito Ricordi keine Kosten und Mühen scheute und für die neue Oper Zandonais die exorbitant teuren Rechte an diesem Skandalstück seiner Zeit erwarb, uraufgeführt 1901 in Rom mit Eleonora Duse in der Titelrolle, „das Psychogramm einer selbstbewussten, unangepassten Frau im Zentrum, die sich jeglichen moralischen und gesellschaftlichen Zwängen entzieht.

Die Stimmen und  das Spiel der Liebenden, werden von Sara Jakubiak und dem feurigen Tenor Jonathan Tetelman, der schon in Berlin in der Komischen Oper als sexy Rodolfo in La Bohème gesanglich das Publikum, besonders die Frauen, verzauberte, in höchster Vollendung umgesetzt, was die eher langweilige Inszenierung von Christof Loy verzeihen lässt. Warum muss Francesca wie ein Hund auf dem Boden schlafen?

„Der Tumult, der in meiner Seele herrscht…“

Carlo Rizzi dirigiert das Orchester in voller Stärke, mal leiser-verhalten, dann wieder kraftvoll-mitreißend, ein absoluter Hörgenuss. Alle Mitwirkenden wurden täglich getestet. Der Chor wird live aus einem Nebensaal übertragen.

Die zwei Stunden und 45 Minuten verfliegen. In der ersten Pause werden wir von Alexandra Hutton auf eine kleine Tour mit hinter die Bühne genommen, können einen Blick in Maske und Garderobe werfen und die von zwei Theatermalern geschaffene Hintergrundlandschaft nach einem Gemälde Claude Lorrains, die in Akt 1 und 3 zu sehen ist, im Detail betrachten. Warm und weich umhüllt uns die Musik vom ersten bis zum letzten Ton. Madonna Francesca ist perfekt besetzt mit der klaren und hellen Stimme der amerikanischen, rothaarigen feurig-schönen Sopranistin, die jedoch in schwarzem Kleid, klobigen Pumps, Perlensteckern, Goldkettchen wenig sexy, sondern eher bieder-konservativ gestylt an der Seite ihrer blass-zerbrechlichen, kranken Schwester mit tiefen Schatten um die Augen, zerzaust im fliederfarbenen Morgenmantel, auftritt. Dagegen whow, was für eine Erscheinung, in schwarzen Lederstiefeln zum dreiteiligen Anzug mit Krawatte und weißem Hemd, Paolo il Bello! Der schwarzhaarige, in Chile geborene und in den USA aufgewachsene Tenor mit den warmen braunen Augen und der Wahnsinnsstimme meistert seine Partie in jeder Minute seines Auftritts. Der Funke der Liebenden springt aufs Publikum über, so glaubhaft-schön schmachten die zwei einander an und versinken im Kuss. Es knistert über den Bildschirm, sie überreicht ihm eine rote Rose, schaut nicht, was sie da zur Unterschrift vorgelegt bekommt. Da hat sie ihr Bieder-Outfit schon gegen einen strengen Anzug und noch später gegen eine lange Samtrobe getauscht.

„Ein Dämon hält mich“

Der zweite Akt, Rimini im März, „zurückgekehrt mit der ersten Schwalbe“, die schönsten Momente der ganzen Oper, die „Lesestunde“ der Liebenden. Statt arrangierter Verbindung ohne Liebe mit dem Angetrauten, Leidenschaft mit dem Bruder. Eine Explosion der Gefühle, wunderbare Dialoge, Pingpong und intellektueller Schlagabtausch. Die Literatur wird gelebt, Buchstaben werden zur Realität. Die Geliebten blenden alles um sich herum aus. Francesca ist ganz Gefühl, Paolo bekommt Tiefe, er leuchtet, blüht an ihrer Seite auf. Expressive und schroffe Gesangs- und Musikpassagen kontrastieren die schönen Liebesklänge.

„Die Stille kommt“

Im dritten Akt, die Tafel weiß gedeckt, erst der einäugige Bruder, dann der Ehemann, Brüdertalk, „weh dem, der meine Frau anrührt.“ Malatestino verrät Giovanni, dass er von Frau und Bruder betrogen wird.

„Gib mir deinen Mund“

Im vierten Akt, in der Nacht, im zartrosa Nachthemd liegt Francesca auf dem Boden, an der Seite ihre Getreue, „Du bist die zarteste kleine Taube…, ähnelst meiner Samaritana“, sie trauert um die tote Schwester. Allen Warnungen zum Trotz, Schmalz, es trieft nur so von Klischees, aber stimmlich ein Genuss, treffen die Liebenden sich. „Nimm deine Seele und gieß sie aus.“ Trotz Todesahnung ein letztes Treffen der Liebenden. Der vor Eifersucht rasende gehörnte Gatte ist an der Tür, fordert Einlaß. Der Fluchtweg zum Garten ist verschlossen, keine Chance, zu entkommen. Sie will den Geliebten noch vor dem Bruder schützen. Verrat, Hass, Doppelmord. Donnernde Musik zum Schluss.

Daniela Debus
Die Aufzeichnung kann gebührenpflichtig als Video on Demand bei takt1.de angeschaut werden. Aktuell ist für den 4.4. ist eine Aufführung mit Publikum geplant. Tickets: € 25,=.

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