Die lustige Witwe
Musikalische Leitung: Patrick Hahn; Inszenierung: Barrie Kosky; Baron Mirko Zeta: Martin Winkler; Valencienne: Katharina Konradi; Graf Danilo Danilowitsch: Michael Volle; Hanna Glawari: Marlis Petersen; Camille de Rosillon: Andrew Owens; Vicomte Cascada: Omer Kobiljak; Raoul de Saint-Brioche: Nathan Haller; Bogdanowitsch: Valeriy Murga; Sylviane: Maria Stella Maurizi; Kromow: Chao Deng; Olga: Ann-Kathrin Niemczyk; Pritschitsch: Andrew Moore; Praškowia: Liliana Nikiteanu; Njegus: Barbara Grimm
Die lustige Witwe
In der aktuellen Spielzeit setzt das Opernhaus Zürich einen Operetten-Schwerpunkt, bei dem neben Puccinis La Rondine und Wiederaufnahmen des Land des Lächelns und der Csárdásfürstin auch die Neuinszenierung von Franz Lehars wohl bekanntester Operette Die lustige Witwe zählt. Die Premiere der Inszenierung von Regisseur Barrie Kosky geriet denn auch am vergangenen Sonntag zu einem großen Erfolg. Kosky betonte meisterhaft sowohl die humorvollen, schwungvollen als auch die nachdenklich-melancholischen Seiten des Meisterwerks und nutzte letztere Aspekte durch die Schaffung einer Rahmenhandlung klug aus. Das Bühnenbild von Klaus Grünberg verwendete als zentrales Element einen runden Vorhang, der atmosphärisches ausgeleuchtet werden sollte und so trotz einer gewissen Kargheit, sie so auf der Bühne entstand, wandlungsfähig blieb. In diesem Rahmen konnten sich die Sänger gut stimmlich und schauspielerisch entfalten. Die Kostüme von Gianluca Falaschi stellten sich der Einfachheit der Bühne in mit ihrer vollen Prachtentfaltung kontrapunktartig entgegen und bestachen mit ihrer gelungenen Kombination aus luxuriöser 20er-Jahre-Mode und angedeuteter barocker Opulenz.
Marlies Peterson, die sich zu Beginn der Aufführung wegen einer Erkältung angekündigen liess, zeigte als selbstbewusste Hanna Glawari eine schauspielerisch starke Präsenz und eine klare, schöne Höhe sowie eine empathische Gestaltung, wobei ihr stimmlich in Bezug auf die Atemwegserkrankung nichts anzumerken war. In ihrer an Marlene Dietrich erinnernden Kostümierung harmonierte sie bestens mit Michael Volle, der auf ganzer Linie als Danilo beeindruckte und mit seinem geschmeidigen, wendigen und warmen Bariton eine wahre Luxusbesetzung für diese Rolle darstellte. Welch ein gelungener Ausflug ins Operettenfach – kaum zu glauben, dass Volle von seiner stimmlichen Entwicklung her bereits beim Wotan angekommen ist! Wunderbar wie die beiden Stimmen bei dem berühmten Duett «Lippen schweigen» miteinander harmonierten.
Katharina Konradi überzeugte mit einem glockenhellen Sopran als lebensfrohe Valencienne, während Erzkomödiant Martin Winkler den tollpatschigen Baron Mirko Zeta ausgezeichnet darstellte und ein glaubhaftes Rollenportrait dieser zwielichtigen Figur lieferte. Das galt auch für Andrew Owens‘ Darstellung des Camille de Rossillion, dem Liebhaber der Valencienne, der jedoch immer wieder mit etwas unsauberer Intonation zu kämpfen hatte. Besonders hervorzuheben war das komödiantische Talent der Berner Schauspielerin Barbara Grimm als Njegus und die Leistung von Andrew Moore als Pritschen. Liliana Nikiteanu, ein Urgestein des Opernhauses, brillierte als Praskowia. Auch die kleineren Partien waren auf höchstem Niveau besetzt. Der Chor unter der Einstudierung von Ernst Raffelsberger sang prächtig, differenziert und voller Klangpracht, während die Tänzerinnen und Tänzer mit fulminanten Auftritten als Ballgäste und Grisetten in der Choreographie von Kim Duddy zu begeistern vermochten.
Das Dirigat des jungen Patrick Hahn präsentierte sich einerseits sensibel und gefühlvoll, hatte aber auch andererseits den nötigen Schwung, um die packenden Walzer und Chorszenen, die dieses Werk ausmachen, bestens zur Geltung zu bringen. Ein Extralob gebührte auch der Bühnenmusik. Und so endete der Abend mit einer berührenden Schlusspointe: Die alte und erneut verwitwete Hanna sitzt nachdenklich am Flügel und hält ein Portrait im Andenken an ihre große Liebe Danilo. Diese Witwe ist am Ende ihres Lebens nicht mehr «lustig», sondern wehmütig und traurig. Eine nachdenkliche Szene, die trotz ihres melancholischen Charakters zu Applaus und Standing Ovations mit rhythmischem Klatschen für alle Beteiligten überging.